
Schweizer und Brasilianer ticken manchmal gleich
Fussball sei Dank! Mit vielen positiven Eindrücken und Erlebnissen im Gepäck und froh darüber, nicht in einer Grossstadt wie São Paulo, Brasília oder Salvador leben zu müssen, bin ich glücklich, nun wieder zurück in unserer beschaulichen Kleinstadt zu sein.
Beim Nachlesen der Zeitung sind mir unsere hiesigen Probleme wie Verkehrsführung, Pendlerstau, Fluglärm oder Nachtruhestörung aufgefallen, für welche der Brasilianer wohl nur ein müdes Lächeln übrig hätte. Dementsprechend würde dieser auch nicht verstehen, wie sich unsereins über das Ablassen von Feuerwerk nach einem gewonnenen Match nerven kann, denn dort ist es üblich, nach jedem Tor ein Feuerwerk zu zünden. Eines aber würde den Brasilianer sichtlich erfreuen, dass es auch hier Geschäfte gibt, welche am Spieltag der Seleção (Nati) ihren Laden früher dichtmachen als normal. Dieses Vorgehen ist bei uns, ausser bei Fotoryf, eher die Ausnahme – in Brasilien aber eine Selbstverständlichkeit!
Wie man unschwer feststellen kann, grassiert auch hier bei uns das WM-Fieber. Ausgebrochen ist es vor allem durch die positiven Auftritte der Schweizer Nationalmannschaft, welche jeweils die ausverkaufte «Baracoa»-Arena zu einer Festhütte verwandelte. Dass dies überhaupt möglich ist, ist ein grosser Verdienst von Mehmet Polat und seinem Team. Denn auch in Zeiten der vorherrschenden Konkurrenz aus Solothurn, welche mit drei grossen Public-Viewing-Arenen die Fussballfans in die Nachbarstadt locken, ist es ihm gelungen, ein auf Grenchen angepasstes Angebot anzubieten. Schade nur, dass die Italiener, Portugiesen, Spanier und Kroaten so früh aus dem Turnier ausgeschieden sind, denn diese hätten sicher neben den Schweizern auch noch für eine volle «Baracoa»-Arena gesorgt.
Egal, ob man in Brasilien oder bei uns in der Schweiz ist, eines haben wir gemeinsam, wenn auch nicht ganz vergleichbar. Wenn die Nationalmannschaft spielt, spürt man eine Euphorie im Volk und ein gewisses WIR-Gefühl kommt auf. Dies spürte man am letzten Dienstag im «Baracoa» ganz fest, als neben den Schweizern auch Secondos aus Albanien, Italien und der Türkei der Nati die Daumen drückten. Gemeinsam wurde gehofft, applaudiert, gezittert und gelitten. Am Schluss blieb eine leise Enttäuschung zurück, aber der Stolz überwog.
Nun ist zu hoffen, dass dieses WIR-Gefühl noch lange in unserer Stadt anhält!
Kolumne: Stadtbummel | Grenchner Tagblatt | 05.07.2014 | M. Meier – Moreno