AUF EIN WORT MIT…

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… MATTHIAS MEIER-MORENO, SOZIALPÄDAGOGE UND POLITIKER Die «Grenchner Stadt-Anzeiger»-Serie

Matthias Meier-Moreno macht vieles «aus Liebe zu seiner Stadt»

Aufgewachsen ist er am Jurasüdfuss, in der Uhrenstadt Grenchen, zwischen Swatch und Breitling. So steht es schwarz auf weiss auf der Website von Matthias Meier-Moreno. Ein Grenchner durch und durch. Und wenn er etwas für seine Stadt tut, und das hat er schon oft bewiesen, dann tut er es «aus Liebe zu meiner Stadt». Dieses Bekenntnis ist längst zum Slogan des 46-Jährigen geworden. Und nach einem gut eineinhalbstündigen Gespräch macht er deutlich, dass es mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist. Er ist wirklich ein Grenchner – durch und durch! Machen wir den Test mit dem Stichwort «FC Grenchen», auf dem Spaziergang durch das Dorf «Bachtelen mit den Wohngruppen und dem Schulhaus, der Turnhalle, den Altbauten und den vielen Grünflächen dazwischen. Idyllisch, muss ich immer wieder sagen. In dieser malerischen Umgebung kommen wir als Erstes, vor Lebenslauf, Politik und Hobbys, also auf den FC Grenchen zu sprechen. Er ist bekennender Fan, seit dem ersten Spiel, das er mit seinem Vater auf dem Brühl besuchen durfte. Es war ein Spiel um den traditionellen Uhrencup. Die Grenchner trugen damals ein Dress mit dem Hauptsponsor Swatch. Dieses Dress wurde später vom Verband verboten. Weshalb? Das weiss wohl nur Gott allein. Der Verband und der FC Grenchen hatten schon immer ein schwieriges Verhältnis. Sein Schlüsselerlebnis hatte Matthias Meier-Moreno aber an jenem Tag, als der FCG zum letzten Mal NLB-Meister wurde – und das ist schon eine ganze Weile her (1987). «Als Karl Born und Dani Jäggi mit dem bis zum Rand gefüllten Pokal mit Champagner an mir vorbeirannten, habe ich auch etwas abbekommen.» Das war wie eine Taufe: Jetzt gehörst du zu uns! Daran hat sich bis heute nichts geändert. Er ist als Zuschauer dabei, ob in der 1. Liga oder in der 2. Liga interregional. Jetzt sind sie wieder in die Regionalliga 2 abgestiegen. Für Matthias Meier-Moreno eigentlich ein No-Go. «Damit tue ich mich schwer.» Wahrscheinlich nicht nur ihm. Er war nicht nur passiver Zuschauer, sondern zwei Jahre lang Mediensprecher und sieben Jahre im Medienteam des Uhrencups.

Zum Geburtstag kam die ganze Klasse

Inzwischen sind wir im Haus der Wohngruppe «Ahorn» angekommen und machen es uns in seinem Büro gemütlich. «Hier bin ich mit meiner Schwester Cornelia aufgewachsen», sagt er wie aus der Pistole geschossen. Hier? «Natürlich nicht hier in diesem Haus, sondern ein Haus weiter vorne.» Seine Eltern waren beide Sozialpädagogen im Sonderpädagogischen Zentrum Bachtelen. Sie arbeiteten und wohnten hier. Die «Wohnung» hatte ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer (so gross wie sein jetziges Büro), eine Nasszelle und eine Küche mit Essecke. Sie wohnten am selben Ort wie die Bachtelen-Kinder und hatten dort ihr Kinderzimmer. Eines sei ihm besonders in Erinnerung geblieben, sagt Meier-Moreno: «Zu unseren Geburtstagsfeiern konnten wir immer die ganze Klasse einladen. Ein Privileg, das sonst kaum jemand hatte. Seine Schulzeit verbrachte er wie seine Schwester im Haldenschulhaus. Dafür erhielt er hin und wieder eine Einladung von einem Schulkameraden, der ihn ohne dieses Privileg kaum eingeladen hätte.

Kein traumatisches Erlebnis

Das Aufwachsen in dieser doch besonderen Umgebung hat für niemanden zu traumatischen Erlebnissen geführt. Ganz im Gegenteil. Er wählte – auf dem zweiten Bildungsweg – den gleichen Beruf wie seine Eltern. Als erster Schulabgänger erhielt er eine Lehrstelle: als Hochbauzeichner bei Etter & Partner AG in Solothurn. In diese Zeit fällt der Wechsel vom technischen Handwerk zur CAD-Software. Zwar lernte er das bewährte Handwerk des Hochbauzeichners, doch der Schritt in die Zukunft blieb ihm verwehrt. Nach der Rekrutenschule fand er keine Stelle. Also kehrte er zu seinen Wurzeln zurück und absolvierte 1998 ein Praktikum als Sozialpädagoge im «Bachtelen». Die berufsbegleitende Ausbildung absolvierte er an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. «Und im Bachtelen arbeite ich heute noch», sagt er fast entschuldigend. Wir sind uns einig: Es gab eine Zeit, da war untrendy, wer lange beim gleichen Arbeitgeber arbeitete. Das ist längst vorbei. Langjährige Erfahrung wird geschätzt – vor allem, wenn Mann oder Frau sich anderweitig engagiert. Und daran mangelt es Matthias Meier-Moreno wahrlich nicht.

Nicht nur Beruf, sondern Berufung

Auch wenn der Beruf ihn in Anspruch nimmt, muss die Freizeit und in seinem Fall die Politik ihren Platz haben. 70 Prozent seiner Arbeitszeit verbringt er als Tagesgruppenleiter, dazu kommen 30 Prozent in der sogenannten 365-Tage-Gruppe mit Einsätzen an Wochenenden oder in Ferienlagern. Er strahlt aus, was er den Kindern täglich vorleben muss: Ruhe, Gelassenheit, aber auch Autorität am richtigen Ort und zur richtigen Zeit. «Seine» Kinder haben zum Beispiel ADHS oder das Asperger-Syndrom (eine psychische Erkrankung mit autistischen Ausprägungen). «Man muss sie auf der Beziehungsebene abholen und spüren können, wann es ihnen gut geht und wann nicht. Ob Sozialpädagoge oder Lehrer allgemein: Das ist nicht einfach ein Beruf, das ist Berufung.» Aber wir wollten eigentlich über seine Hobbys und seine Leidenschaft für Politik sprechen. Richtig. Im Jahr 2003 setzte er sich als Petitionär für eine legale Spraywand ein. Ein gewagter Vorschlag damals. Das war sein informeller Einstieg, vier Jahre später wurde er Mitglied der Jugendkommission – als Parteiloser. Er bekam Lust auf mehr und wollte Politik machen, am liebsten im Gemeinderat. Dafür musste er einer Partei angehören. Als Parteiloserfand er Unterschlupf bei der damaligen CVP, heute Die Mitte. Theo Heiri habe ihn dazu ermutigt. Er wurde positiv aufgenommen in der Partei. Matthias Meier-Moreno war definitiv zum aktiven Politiker geworden. 2013 zog er als Ersatzmann in den Gemeinderat ein, drei Jahre später wurde er offiziell als Gemeinderat gewählt und gleichzeitig Fraktionschef. Inzwischen ist er auch Kantonsrat und steht im Herbst auf der Nationalratsliste. «Meiner Partei zuliebe», sagt er. Und unausgesprochen, vielleicht «aus Liebe zu seiner Stadt». Über eine mögliche Wahl macht er sich keine Gedanken. Es ist eine andere Ambition, die man ihm offen nachsagt. Ob er in gut zwei Jahren für das Amt des Stadtpräsidenten kandidieren will, wisse er noch nicht, sagt er. Ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht.

«Wir haben die Hausaufgaben gemacht»

Sein Beruf, seine Berufung ist die Jugendarbeit. Sieben Jahre war er im Vorstand der ISG Lindenhaus, davon sechs Jahre als Vorsitzender. Sein Einstieg in die Politik als Petitionär für eine legale Spraywand hinterlässt 20 Jahre später Spuren. Nach 2022 organisiert er zum zweiten Mal das «G-Town»-Graffiti-Festival. Ein Anlass, der die urbane Kunst im öffentlichen Raum weiter fördern will. «Grenchen soll sich vermehrt als Eventstadt entwickeln», findet Matthias Meier-Moreno. Generell fordert die Stadt mehr Unterstützung von der Solothurner Regierung. Das habe man ihr in einem Gespräch deutlich gemacht. «Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht», trägt Meier-Moreno die Forderung an die Regierung vor.

In Venezuela fand er seine Liebe

Eines der wichtigsten Kapitel seines Lebens kommt zuletzt, ist aber zweifellos genauso wichtig wie alles andere. In der Tat. Er machte 1998 einen Sprachaufenthalt in Venezuela. Dort besuchte er einen Jugendfreund, der nach Südamerika ausgewandert war. Und dann trat eine gewisse Nathaly Moreno in sein Leben. Eine quirlige junge Frau. Nach zwei Jahren Fernbeziehung zog sie in die Schweiz und heiratete ihren Goldschatz aus Grenchen. Und ist sie heimisch? «Ja, das ist sie», sagt Meier-Moreno. «Aber die Familie fehlt ihr schon. Im Gegensatz zu uns ist der Familienzusammenhalt in Südamerika eben ganz anders.» Nathaly hat in Venezuela Informatik-Ingenieurin studiert. Mit diesem Rucksack hat sie sich in der Schweiz als Webdesignerin selbstständig gemacht, denn die Chancen auf eine Anstellung waren sehr gering. Hauptberuflich (Pensum 50 Prozent) arbeitet sie heute im Altersheim Kastels in der Gastronomie. Die junge Familie wurde 2005 mit der Geburt von Tochter Nathalie Andrea zum Trio. Es ist ein sehr interessantes und lockeres Gespräch mit dem 46-Jährigen, der beruflich und privat wenig Wünsche hat, aber immer offen für Neues ist. Auch wenn der aktive Sport manchmal etwas zu kurz kommt, nimmt er sich die Zeit am frühen Morgen, um körperlich fit zu bleiben. Fussball wird seine Leidenschaft bleiben – vor allem in passiver Form. Er selbst hat nie aktiv Fussball gespielt (heute aktiv im FC Kantonsrat). Muss er nicht. Und wer weiss: Vielleicht tut ihm der FC Grenchen den Gefallen, wieder eine grössere Nummer im Kanton und darüber hinaus zu werden. Und wenn es nur «aus Liebe zu seiner Stadt» wäre!

Grenchner Stadtanzeiger | Joseph Weibel | 29.06.2023