Verhältnismässig?!

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Wie man aus der Presse entnehmen konnte, findet das Champions-League-Spiel zwischen Paris St. Germain und dem FC Basel ohne grosse Unterstützung der Basler-Supporter statt. Das Fernbleiben der Supporter hat vor allem mit den repressiven Massnahmen zu tun, welche die französischen Behörden seit der Verhängung des Ausnahmezustands auch dazu benutzen, um gegen ungeliebte Fussballfans vorzugehen. Dazu gehören auch die Basler Supporter, welche bereits beim Europa-League-Spiel gegen St. Etienne mit einem generellen Einreiseverbot belegt wurden. Dies hat sicher mit dem unrühmlichen Verhalten einiger Ultras bei Auswärtsspielen zu tun, welche mit ungebührlichem Benehmen (Provokationen, Schlägereien, abbrennen von Feuerwerkskörpern …) für negative Schlagzeilen gesorgt haben. Dies führt nun unweigerlich zu einschränkenden Massnahmen der französischen Behörden, von welchen nun auch Paris St. Germain gebrauch macht. Beim kommenden Spiel wurden den Baslern anstatt den vorgeschriebenen 2000 Tickets (Uefa-Reglement) nur deren 800 ausgehändigt, dazu verlangen sie auch noch eine komplette Registrierung der Supporter. Dies wiederum passt den Supportern der Muttenzerkurve gar nicht, weshalb diese anstatt vor Ort den Verein nun zu Hause vor dem TV unterstützen. Selbstverständlich muss man kein Mitleid mit den Ultras haben, welche sich mit ihrem negativen Verhalten bei Auswärtspartien, dies ja selbst eingebrockt haben. Eigenverschulden nennt man dies, jedoch stellt sich die Frage ob es tatsächlich verhältnismässig und gerechtfertigt ist, den Ausnahmezustand auch auf den Fussball auszuweiten?

Seit den Anschlägen in Paris vor knapp einem Jahr, haben die französichen Behörden den Ausnahmezustand verhängt und diesen nach der Amokfahrt in Nizza um weiter sechs Monate verlängert. In Zeiten des unberechenbaren Terrors, welcher zu jeder Zeit zuschlagen kann, macht eine solche Massnahme auf eine bestimmte Zeit sicherlich Sinn. Da im vergangenen Sommer auch noch die Fussball-Europameisterschaft in Frankreich stattfand und als potenzielles Ziel für Terroranschläge galt, wurde die Operation “Sentinelle“ ins Leben gerufen. Mittels Präsenz von 10’000 patrouillierenden Soldaten an neuralgischen Punkten, versuchte man die Sicherheit zu gewährleisten. Der Fokus lag dabei klar auf dem Aspekt Verhinderung von Terroranschlägen, denn diese galten im Vorfeld der Euro als grösstes Sicherheitsrisiko. Man hat die Problematik der wiedererstarkten Hooliganszene, welche sich vor allem in den Ostblockländern mit Rechtsradikalen vermischt hat, absolut unterschätzt. Man ging von einer friedlichen Euro aus, welche durch die hohen Ticketpreise und Registrierungspflicht wie jeher eine eher klinischen Cüpli-Veranstaltung sein sollte. Leider zeigte sich beim Turnier ein ganz anderes Gesicht. Vor allem die russischen, ungarischen und kroatischen Supporter zeigten sich von ihrer nationalistischen, fremdenfeindlichen und gewalttätigen Seite, was die französischen Sicherheitsleute komplett überforderte. Sie wurde auf dem falschen Fuss erwischt, dies weil man nicht gut genug vorbereitet war. Im Vorfeld der Euro verweigerten die Franzosen den mehrmals angeregten Austausch mit etablierten intereuropäischen Szenekennern. Im Nachhinein kann man von Dilettantismus sprechen oder man war wohl all zu fest mit der Terrorgefahr beschäftigt, hat alles andere ausgeblendet und diesem keine echte Beachtung geschenkt.

Um das ganze noch zu verdeutlichen, hier meine gemachten Sicherheitserfahrung an der Euro und der WM in Brasilien, im Vergleich. Im Vorfeld zur Euro wurde jeweils über die gigantischen Sicherheitsmassnahmen gesprochen, welche bereits vor den Stadien erfolgen werden und einen noch höheren Standart als bei der WM aufweisen sollten. Als Besucher sind mir zuerst die Militärpatroullien ausgerüstet mit Helm, Schutzweste und Maschinengewehren auf den Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen aufgefallen. Dies war eher gewöhnungsbedürftig, machte sicherlich Eindruck und hatte eine gewisse abschreckende Wirkung. Die Polizei jedoch war nicht allzu präsent, so auch nicht wie erwartet vor dem Stadion. Beim Eingang wurde zuerst das Ticket kontrolliert, danach folgte ein kurzes Abtasten und mehr war da nicht. Als Vergleich dazu erlebten wir an der WM in Brasilien, wie die Deutsche Nationalmannschaft in Porto Seguro von Hundertschaften von Polizisten inklusive zwei Helikoptern beim Flughafen im Empfang genommen wurde. Die Strassen des Städtchens am Meer wurde dafür komplett abgeriegelt. Am Spieltag gab es vor dem Stadion einen Polizeiring, welcher nur Personen mit Tickets und ohne Alkohol passieren durften, Ausnahmen gab es keine. Zusätzlich fanden vor dem Stadioneingang die Kontrolle des Tickets, ein passieren des Metalldetektors inklusive Abtasten statt, dazu wurden die Rücksäcke und Handtaschen gleich wie am Flughafen geröntgt. Ein ziemlich eklatanter Sicherheitsunterschied, welcher die legere Art der französsichen Sicherheitskräfte klar aufzeigt. In Brasilien gab es übrigens nur Ausschreitungen und Demonstrationen vor der WM und als die Selecao mit 1:7 gegen Deutschland aus dem Turnier ausschied – beteiligt waren nur Einheimische.

Mir kommt es vor, als ob die zu legere Haltung französischer Sicherheitskräfte im Vorfeld und bei der Euro, welche den Fokus definitiv zu fest auf dem Terror ausgerichtet hatten, nun als Trotzreaktion mit aller Härte den Fussball trifft. Ich habe nichts gegen ein klares und hartes Durchgreifen gegen Hooliganismus, aber ich habe etwas gegen eine schamlose Ausnützung des Ausnahmezustands zur Legitimierung von Staatsgewalt. Wenn dies trotzdem Stattfindet, dann sollte dies immer Verhältnismässig erfolgen, sofern dies überhaupt geht. Repression ist oftmals das letzte Mittel, welches nur dann angewendet werden sollte, wenn alle anderen Lösungsmöglichkeiten nicht funktioniert haben. Leider wurden alternative Lösungsmöglichkeiten bereits im Vorfeld ignoriert – das Resultat ist uns bekannt!

 

 

 

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